Und wer braucht sowas?

Ob sich Anschaffung und Benutzung eines SmartEKG-Gerätes lohnen? Kommt sehr drauf an, wer das wissen will:

Technik-Freaks

Wer schon an Schrittzählern und Pulsuhren seine Freude hatte, der wird auch Apple Watch und Co. lieben. Das eigene EKG anfertigen und rumzeigen zu können, ist für viele einfach nur cool … solange es noch nicht jeder hat. Diese Art von persönlichem Nutzen kann jeder am besten selbst bewerten.

Menschen mit dauerhaft gespürten Pulsauffälligkeiten

Wer andauernd zu schnellen, zu langsamen oder unregelmäßigen Puls spürt, wünscht sich einerseits eine genaue Diagnose und andererseits einen professionellen Rat, wie damit umzugehen ist. Zwar lässt sich der Herzrhythmus auch mit einem SmartEKG-Gerät feststellen, fast immer aber wird der dann gefragte Arzt für eine möglicht genaue Diagnose ein konventionelles 12-Kanal-EKG anfertigen lassen. In diesen Fällen ist das SmartEKG also ganz nett, aber unnötig.

Menschen mit nur manchmal gespürten Pulsauffälligkeiten

SV-Tachykardie Apple Watch
Eigendokumentation einer Schmalkomplex-Tachykardie (vermutlich Vorhofflattern) und deren Ende mit einer Apple Watch
Auch wer nur manchmal Aussetzer, Extraschläge, Herzrasen oder andere Pulsunregelmäßigkeiten spürt, wünscht sich natürlich ebenso so sehr eine professionelle Diagnose, Risikoeinschätzung und Beratung. Und hier kann sich das SmartEKG als geradezu segensreich herausstellen.

Bei manchen dieser Menschen gelingt es mit herkömmlichen Verfahren nämlich nicht, die Rhythmusstörung mit einem EKG zu dokumentieren. Sei es, dass die Anfälle überhaupt zu selten auftreten oder (wie der Zahnschmerz beim Zahnarztbesuch) genau dann ausbleiben, wenn das 24-Stunden-EKG-Gerät in der Arztpraxis angelegt wurde. Wer in dieser Situation über ein Gerät mit EKG-Elektroden verfügt (z. B. Apple Watch ab Series 4, Withings Move ECG oder AliveCor), der erspart sich weitere umständliche Diagnostik. Hat man das EKG doch ständig dabei und braucht es bei der nächsten Attacke nur scharf zu schalten. Die genannten Geräte erstellen sehr brauchbare EKG, die sich vor den üblichen LZ-EKG-Aufzeichnungen nicht verstecken brauchen. Das EKG kann für den Arzt als PDF ausgedruckt oder per Mail versandt werden und dieser kann anhand der Krankengeschichte und des EKG oft schon entscheiden, ob weitere Untersuchungen notwendig sind. So lässt sich evtl. schon im Rahmen einer Videosprechstunde eine befriedigende Klärung erreichen.

Menschen, die keine Rhythmusstörungen spüren

Hier wird’s schwierig… und der Rat für oder wider bekommt etwas Subjektives. Lassen Sie es mich mal so ausdrücken: Menschen vor dem 65. Lebensjahr ohne Schlaganfall, Bluthochdruck, Zucker- oder Gefäßkrankheit haben definitiv keinen nachweisbaren Vorteil von einem SmartEKG-Überwachungsgerät.

Bei allen anderen ist diese Frage einfach noch nicht entschieden, derzeit laufende Studien werden uns hier in den nächsten drei Jahren hoffentlich weiterhelfen. Da es sich aber immer um sogenannte Screening-Untersuchungen handelt, wird die Antwort auf die Frage nach dem persönlichen Nutzen auch zukünftig eine ganz persönliche sein dürfen und sein müssen. Der eine möchte sowas eben wissen und der andere nicht, und beide aus völlig legitimen Gründen. Diesen Menschen möchte ich raten, sich vorher über die Problematik des Screenings zu informieren. Ein guter Einstieg dazu wäre der Artikel Screening auf Vorhofflimmern.

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